Der Käfer im System – Oder: Ein vorläufiger Abschlussbericht

Wenn ein Computerprogramm keine Lösungen mehr ausspuckt, sich aufhängt oder in den Abgrund stürzt, dann hat sich ein bug eingenistet; ein Käfer, eine Wanze, ein Insekt. Mit einem debugging muss das System durchsucht und der Käfer unschädlich gemacht werden. Nicht immer läßt sich der Schädling so leicht aufstöbern und fixieren, wie beim ersten nachgewiesenen computer bug aus dem Jahr 1945 [1]. Einige Wanzen widersetzen sich hartnäckig ihrer Entdeckung und Entfernung.
Im Betriebssystem von lustauflesen.de steckt ein bug.
Stockende Routinen, unsaubere Ergebnisse, fatale Abstürze bestimmen derzeit die Abläufe in mienem Blogsystem. Der Input läuft, der Output bleibt aus. In der Mitte frisst irgendwas oder irgendwer die Früchte mühsamer Arbeit.
Klartext: Sauber gestapelt liegen neben mir (mindestens) 12 Bücher, die ich gelesen habe, über die ich gerne schreiben würde, aber nicht kann.

Es fehlen die Motivation, die passenden Worte, die Lust, die Zeit und auch die nötige Gelassenheit. Die Vielfalt möglicher Formen von simpel bis komplex – von kommentierender Inhaltsangabe bis feuilletonistisch-verquastem Essayismus – überfordert und bremst. Ich stehe mir selbst im Weg und benötige Zeit, etwas zu finden, das zur mir passt, das mir liegt und das den LeserInnen dieser entlegen in den Seitenarmen einer unendlich-weiten Bloggergalaxy herumkreiselnden Seiten etwas bietet. Etwas, das auch mir (wieder) Spaß bereitet.
Zwischen abgeklärter Sachlichkeit und messerscharfer Analyse hier, beziehungsweise subjektivem Feuer und leichtfüßiger Sprachspielerei dort gilt es (m)eine Nische zu finden und auszufüllen, die eigene Stimme zu finden, meinen Stil, meine Form. Denn, ich bin ehrlich, einfach nur »das Internet vollschreiben«, ist mir zu wenig. Möglichst viele sollten lustauflesen.de mit möglichst hohem Gewinn lesen. Das ist nicht (mehr) der Fall [2].
Was heißt das? Nun, zuerst muss die Wanze, der Käfer, das Insekt aufgespürt und entfernt, dann der Algorithmus neu definiert und compiliert und schließlich das System mit all seinen Schaltkreisen, Relays und Nebenroutinen wieder in Gang gesetzt werden.
(M)ein System zu reformieren benötigt Zeit. Die nehme ich mir [3]. Hier wird bis auf weiteres nichts mehr veröffentlicht, aber nichtöffentlich wird hinter den Kulissen gewerkelt und trainiert, nach einem Stil, einer Sprache, einer Haltung gesucht, die wirklich meine ist. Sollten sich Erfolge einstellen, mit denen ich zufrieden bin, geht’s irgendwann weiter. Unterliege ich im Kampf gegen den Käfer, ist hier Schluss.
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[1] Der erste computer bug. Eine Motte, die sich im Relay #70 des Mark II Aiken Relay Calculator verfangen hatte, als die Harvard University den Rechner am 9. September 1945 testete. Der Operator fixierte die Motte mit einem Klebestreifen auf dem Prüfprotokoll und notierte: »First actual case of bug being found.« Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die Maschine »debugged« worden sei, womit der bis heute verwendete Begriff »debugging a computer program« in der Welt war. (Quelle: Naval History and Heritage Command)
[2] Stagnierende, resp. sinkende Besucherzahlen, verkürzte Verweildauer, immer weniger wiederkehrende Besucher, kaum messbare Seitenbesuche durch Facebook- und/oder Twitter-Aktivitäten: die aktuelle Webstatistik liefert diese und andere Indizien für abnehmendes Interesse zuhauf.
[3] Ähnliches nahm ich mir schon einmal vor. Doch konnten bislang weder Blogrhythmusstörungen, noch ein drohender Bloginfarkt ein echtes Umdenken und einen ehrlichen Neustart bewirken.
10. Dezember 2017 @ 20:13
Lieber Jochen, auch ich erwarte dich zurück. :-/ Möglichst bald. LG
6. Dezember 2017 @ 12:45
Ihr Lieben, ich danke Euch für die vielen guten Wünsche in den Kommentaren hier und auf der Facebook-Seite. Es berührt und freut mich, zu hören und zu lesen wie viele von Euch meine bescheidenen Beiträge lieben und schätzen. Verzeiht bitte, dass ich nicht jeder und jedem von Euch direkt antworte. Dafür fehlen Zeit und Muße.
Eines möchte ich betonen: Keine Panik, Leute, meine »Lust aufs Lesen« ist ungebrochen, nur die »Lust aufs Schreiben« hat nachgelassen, aus einer Vielzahl von Gründen. Die kleine Auszeit war und ist nötig, mich neu zu zentrieren, zu sammeln und aus frischen Ideen frische Kraft zu schöpfen. Achtung! Allgemeinplatz! Da ist Licht am Ende des Tunnels. Muss ich so sagen, weil es so stimmt!
Wie sagte Arnold »Arni, the Terminator“ Schwarzenegger: »I’ll be back!« — Und ich füge hinzu: »As soon as possible!«
Ich wünsche Euch allen bis dahin alles Beste!
lg_jochen
5. Dezember 2017 @ 09:32
Hallo Jochen,
Schade, dass einer der besten Literaturblogger, die ich virtuell kenne, erst einmal Sendepause macht, kann es aber vollkommen nachvollziehen, ging es mir vor zwei Jahren genauso. Da stand ich auch vor der Entscheidung aufhören oder kurz durchatmen und weitermachen. Wie du siehst, kam der zweite Weg durch Bücher, die mir wieder Inspiration brachten. Ich drücke dir die Daumen, dass du diese ebenfalls wieder findest, zusammen mit dem Schweinehund Motivation.
Genieße nun die Weihnachtszeit, lies ein paar schöne Bücher und lass dich nicht hetzen.
Liebe Grüße
Marc
5. Dezember 2017 @ 08:00
Lieber Jochen,
ich kann Deine Entscheidung gut verstehen – wenn man das Gefühl hat, alles wächst einem über den Kopf, dann ist es höchste Zeit, auf Standby zu schalten. Und den Akku wieder aufzuladen, denn ich hoffe doch sehr, dass es hier irgendwann wieder weitergeht; gehört lustauflesen.de doch für mich zu einer der wichtigsten Adressen im Netz, wenn es um Literatur geht. Und falls Dich das trösten sollte: Mit dem Stapel nichtrezensierter Bücher kann ich mithalten…die warten hier zum Teil schon seit zwei Jahren darauf, endlich einmal vorgestellt zu werden. Aber der Tag hat eben nur 24 Stunden und letztendlich muss man ja auch nicht über jedes gelesene Buch schreiben.
Ich wünsche Dir alles Gute für die Blog-Auszeit und viel Inspiration für einen Neustart.
Beste Grüße
Uwe
5. Dezember 2017 @ 07:56
Guten Morgen Jochen,
zum einen – und ich weiß jetzt wirklich nicht ob das gut oder schlecht ist – kann ich deine Gedankengänge, Bedenken, Zweifel, deinen Findungsprozess sehr gut nachvollziehen. Ich finde es einerseits ungemein schade für die Community – so heißt das glaube ich Neudeutsch 😉 – andererseits eine Haltung, die von viel Gespür für dich selbst, dein “Lese-Ich”, deine Integrität spricht. Auf der Suche wünsche ich dir viel Energie, Resilienz und Gefährten, die dich auch bis Mordor und zurück begleiten mögen.
In der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen in den digitalen Gefilden mit glG
Wolfgang
4. Dezember 2017 @ 21:11
Lieber Jochen,
darf ich dich einladen, uns mal bei Instagram zu besuchen? Also, falls du wieder Lust auf Literatur im Internet verspürst. Dort kannst du mit wenigen Worten deine Lieblingsbücher in die Welt hinaustragen (geht auch ohne Tee- und Kaffeetasse ;-). Ich bin mittlerweile fast nur noch da und fühle mich sehr wohl dort.
Für mich ist’s eine super Alternative zu ausführlichen Rezensionen geworden und eine wunderbare, inspirierende Plattform.
Nun gönn dir erstmal eine Auszeit und finde das, wonach du suchst. Du wirst es finden, ganz gewiss.
Alles Gute und liebe Grüße,
Klappentexterin
4. Dezember 2017 @ 20:48
gefällt mir heißt in diesem Fall gefällt mir nicht wirklich, soll Dir aber zeigen, dass mir Deine Beiträge gefallen haben, die ich hier über das Jahr zu sehen bekam. Ich finde, Du hast in Anspruch, Schreibart und Stil schon sehr viel Eigenes und Hochwertiges für mich sichtbar gemacht, und ich wünsche mir unbedingt, dass es bei Dir nur ein Debugging nötig hat, Dir die Weihnachtstage helfen, wieder etwas zu finden, über das Du berichten willst und kannst! Auf jeden Fall wünsche ich besinnliche Feiertage, und vielleicht findest Du unterm Baum eine Wünschelrute, die Du unbedingt weiterreichen willst und uns mitteilen. LG Clemens
4. Dezember 2017 @ 18:11
Schade, ich habe deine Beiträge immer gern gelesen und auch hin und wieder eines deiner vorgeschlagenen Bücher gekauft und bin dabei in meinen Erwartungen nie enttäuscht worden. Alles Gute und bitte bald wieder Nachrichten von lesenswerten Büchern.
4. Dezember 2017 @ 18:09
Lieber Jochen, mir scheint, du quältst dich schon recht lange mit deiner Anspruchshaltung herum, ein hohes sprachliches Niveau, leidenschaftliche Teilnahme und eine zahlreiche qualifizierte Leserschaft miteinander zu verbinden. Mir fällt dazu Walther von der Vogelweide ein: …die wolte ich gerne in einen schrîn./ jâ leider desn mac niht gesîn…
4. Dezember 2017 @ 17:15
Lieber Jochen, ich verstehe Dich mindestens genauso gut wie ich Deinen Schritt bedauere! Doch genieße die Auszeit – in vollen Zügen! Liebe Grüße, Wolfgang
4. Dezember 2017 @ 15:24
Ich muss sagen, das haut mich jetzt gerade ziemlich um. Die Literaturblogger-Welt ohne Jochen – für mich nahezu undenkbar. 🙁
4. Dezember 2017 @ 15:13
Ich kenne das auch von meinem Beruf (Controller). Man hat alle Unterlagen und Fakten gelesen und verstanden und soll nun eine Präsentation zusammenstellen. Dann plötzlich kann man nicht ausdrücken oder rüberbringen, was man sagen will. Ich kenne deine Situation und habe Verständnis.
Was ich aber noch sagen wollte: Ich bin ein reiner Hobbyleser und nehme die Bücherblogs gerne her um an interessante Bücher zu kommen. Ich brauche nicht die Standards von Fernsehkritiken und Bestellerlisten. Ich brauche eine subjektiv nachvollziehbare Meinung, mit der ich mich vor und während der Auswahl eines Buches beschäftigen kann. Es gibt da kein Richtig oder Falsch. Ich bin dankbar um Anregungen in der Vielzahl von Büchern.
In diesem Sinne: viel Erfolg beim Reset und ich warte auf gerne auf kritische Betrachtung von lesenswerten Büchern.
Martin
4. Dezember 2017 @ 14:41
Ach Jochen! Und wer sorgt hier die nächste Zeit für korrekte Rechtschreibung? Das kannst Du doch nicht machen, einfach pausieren.
4. Dezember 2017 @ 14:27
Alles Gute.
4. Dezember 2017 @ 13:05
Hallo Jochen,
dann drücke ich mal die Daumen, dass das Debugging gut läuft! Vielleicht ist es Zeit für ein neues Virenschutzprogramm.
LG,
Mikka
4. Dezember 2017 @ 12:50
100% Verständnis. Abstand, Ruhe, neu überdenken … eine gute Zeit!
4. Dezember 2017 @ 12:31
Schade – aber solang es nur eine Pause und kein kompletter Abschied ist, kann man damit ja leben. Hoffentlich findest du wieder Inspiration und Muse!
4. Dezember 2017 @ 12:15
Alles Gute fürs Debugging!
4. Dezember 2017 @ 12:13
Manchmal braucht es einen Cut, um einer Weiterentwicklung Raum zu geben. Das kennen wir glaube ich alle. Momentan ist die Zeit knapp bei allen, Weihnachten, die Dunkelheit, persönliche Aufgaben, etc. halten uns davon ab, das mit Elan zu tun, was uns eigentlich Spaß macht und gut tut. Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass wenn man einen Schritt zurücktritt, der Elan wieder kommt, man sich die Zeit nimmt und der Spaß damit wieder auftritt. Einfach mal alle fünfe grade sein lassen, die Leser*innen kommen auch dann gerne vorbei, da bin ich mir sicher. LG, Bri