Posthum geehrt – Hartmut Köhler übersetzt Dante
Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse im Herbst 2012 hatte er sie vollendet; Hartmut Köhler legte den dritten Band seiner großen Dante-Übersetzung vor: Die Göttliche Komödie. III. Paradiso / Paradies. Es war gewissermaßen die Vollendung eines Lebenswerkes, denn nur kurze Zeit später, am 9. Dezember 2012, verstarb der Romanist und Übersetzer Hartmut Köhler im Alter von 72 Jahren. Einen Tag zuvor war ihm von der deutschen Jury der Deutsch-Italienische Übersetzerpreis 2012 zugesprochen worden. Der Preis wird am 13. Mai in Berlin posthum verliehen und die Laudatio hält der italienische Semiotiker und Schriftsteller Umberto Eco.
Was Hartmut Köhlers Arbeit an und mit Dantes Komödie auszeichnet, hat die Jury in ihrer Preisbegründung knapp und treffend zusammengefaßt:
Mit philologischer Genauigkeit, eindrucksvoller Gelehrsamkeit und großem stilistischem Gespür hat Hartmut Köhler Dantes Göttliche Komödie ins Deutsche übertragen. Köhler arbeitet die Eigenarten Dantes heraus, bildet die Vielfalt der Register nach, findet Entsprechungen für Wortschöpfungen und überzeugt durch Witz und Einfallsreichtum. Seine Prosaübertragung, ergänzt durch fundierte Kommentare, macht Dante auf neue Weise zugänglich und verständlich. Köhlers Übersetzung ist ein Meisterwerk und entspricht dem, was Dante in seiner Sprachtheorie forderte: ein volgare illustrezu pflegen, eine elegante Volkssprache. Wer Dante heute lesen will, muss Köhler lesen! (Die Dutsche Jury des Deutsch-Italienischen Übersetzerpreises)
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Allenfalls der dringende Rat, Köhlers Übersetzung der Göttlichen Komödie des Dante zu lesen und zu genießen. Zu Dante und seinem Text verweise ich hier einfach nur auf den entsprechenden Artikel in der deutschsprachigen Wikipeda: Göttliche Komödie von Dante.
As dem Italienischen übers. und komm. von Hartmut Köhler
Zweisprachige Ausgabe it. / dt.
3 Bände im Schuber, gebunden, zus. 2080 Seiten
Stuttgar: Reclam (Reclam Bibliothek) 2012
Nicht zum erstenmal wird Hartmut Köhler, der bis 2005 in Freiburg lehrte, und in besonderer Weise als Neuübersetzer französischer, italienischer und spanischer klassischer Dichtung hervortrat, ausgezeichnet. Er erhielt bereits 1990 (im Team) den Paul-Celan-Übersetzerpreis und 2008 den Johann Friedrich von Cotta-Übersetzerpreis der Landeshauptstadt Stuttgart. Seine dreibändige Danteübertragung kann mit Recht als Höhepunkt und krönender Abschluß seiner Arbeit bezeichnet werden.
Die Ausgabe in der (immer wieder für ihre bibliophilen und dabei erschwinglichen Klassikerausgaben zu lobenden) Reclam Bibliothek besticht vor allem durch die ausführlichen Kommentare, die Köhler seiner Übersetzung anfügt. Sacherläuterungen, biographische Angaben, historische und philologische Erläuterungen und die Diskussion der eigenen übersetzerischen Praxis bilden zusammen mit dem italienischen Original (auf den linken Seiten) und der Köhlerschen Übersetzung (auf den rechten Seiten) ein nahezu vollständiges Dante-Handbuch und garantieren vergnüglichen, reichhaltigen Lese- und Studierstoff für viele Stunden und Tage. Das sorgfältige Personen- und Sachregister zum Gesamtwerk muss nicht extra erwähnt werden.
Wer des italienischen nicht ausreichend mächtig ist, Dante im Original zu lesen, der kommt um Hartmut Köhlers Übersetzung nicht herum. Sie ist einfach großartig.
P.S.: Neben Köhler wird auch Burkhart Kroeber am 13. Mai ausgezeichnet für sein Lebenswerk. Er zählt zu den bedeutendsten Übersetzern aus dem Italienischen. Sein Repertoire ist breit gefächert und umfasst Umberto Eco, Italo Calvino und Alessandro Manzoni. Kroebers Neuübersetzung von Manzonis Brautleuten hat Maßstäbe gesetzt. – Der Deutsch-Italienische Übersetzerpreis wird jedes Jahr im Wechsel in Berlin oder Rom an deutsche oder italienische Übersetzer verliehen. Die Auswahl trifft eine Jury. Vergeben wird der Preis von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, dem Auswärtigen Amt und dem Italienischen Kulturministerium in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Italien.