Mein erstes Mal (Teil 2): So war’s beim #pubnpub
Vor beinahe genau zwei Monaten hat lustauflesen.de sein erstes #bookupDE erlebt und einen Bericht darüber verfasst. Und weil das erste Mal immer nachhaltig im Gedächtnis bleibt, soll nun auch ein kleiner Bericht über das erste #pupnpub folgen, das vor zwei Tagen im Club der polnischen Versager in Berlin-Mitte besucht wurde. Bevor ich einige Gedanken und Beobachtungen zum Thema des Abends, die neuen, digitalen Imprints des Ullstein-Verlages, mitteile, eine kurze Erklärung zur Idee hinter dieser Veranstaltungsreihe.
#pubnpub hat Leander Wattig 2011 ins Leben gerufen. Es ist Stammtisch, der in loser Reihe mittlerweile in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden abgehalten wird.
Wir treffen uns in wechselnden Pubs und sprechen über Trends im Publishing, Gott und die Welt. Ziel ist es, die Leute vor Ort noch stärker zu vernetzen. (Leander Wattig)
Beim #pubnpub gibt es nur wenige feste Regeln, dazu gehören a.) eine kurze Vorstellungsrunde aller Teilnehmer zu Beginn, b.) ein kurzer Vortrag oder eine Präsentation des Gastreferenten des Abends und c.) eine offene Frage- und Diskussionsrunde. Danach folgt der »gemütliche Teil«, das heißt, plaudern, essen, trinken und sich kennenlernen.
Beobachtungen und Anmerkungen
Referentin, besser Diskussionsanschieberin, des 12. Berliner #pubnpub war Marguerite Joly, die Leiterin der neuen, digitalen Verlagsprogarmme »Midnight« (Krimis, Thriller und alles aus dem Bereich Spannung) und »Forever« (Freundinnenromane und romantische Liebesgeschichten) der Ullstein Verlage. Immer mehr Autorinnen und Autoren veröffentlichen ihre Texte als E-Books, entweder im Eigenvertrieb oder über verschiedene, mehr oder weniger offene Verkaufsplattformen, zum Teil mit großen Verkaufs- und Downloadzahlen, also erfolgreich. Verpassen oder verschlafen große Verkagshäuser hier augenblicklich eine Entwicklung im Buchmarkt, die ihnen gefährlich werden könnte? Ullstein, und auch einige andere Verlagshäuser, wollen/müssen reagieren auf Selfpublishing und die wachsende Leserschaft von günstigen E-Books.
Zunächst überwog die Skepsis, ob das Thema des Abends überhaupt interessant für mich sein könnte. Digitiales Publizieren, E-Books, Unterhaltungsliteratur; ist das relevant? Mich als »eingefleischten Buchtraditionalisten« überraschte dann allerdings bei der Vorstellungsrunde die große Zahl der E-Book-LeserInnen und AutorInnen.
Unterhaltungsliteratur & E-Books: offensichtlich ein großer und wachsender Markt, auf dem sich viele tummeln und mit harten Bandagen um Anteile ringen. Weniger die Bindung an einen bestimmten Verlag ist ausschlaggebend, als vielmehr »die gut erzählte Geschichte« (M. Joly).
»Midnight« und »Forever« (fester Personalstamm M. Joly und eine Volontärin) bieten in enger Kooperation mit den Printabteilungen verlegerische Betreuung: Lektorat, Titel- und Coverfindung, Korrektur, Werbung und Vertrieb. Bei Verkaufspreisen von 1.99 bis 4.99 € pro Band und 30 bis 50% Anteil vom Erlös für die Autorin oder den Autor, läßt sich ermessen, wie umfangreich die Betreuung wirklich ist bzw. sein kann, aber besser begrenzt betreut als gar nicht. Bevorzugt werden in der Regel fertige Manuskripte, aber im Einzelfall ist auch die Entwicklung eines Romans über Idee, Exposé und Manuskript denkbar. Das Angebot von Ullstein richtet sich an AutorInnen, die sich nicht als Einzelkämpfer(in) durchschlagen wollen und können, die lieber nur schreiben und sich nicht mit Gestaltung, Vertrieb und PR herumschlagen möchten.
Interessant: »Midnight« und »Forever« nutzen nur Wasserzeichen für ihre E-Books, kein hartes DRM, obwohl sich das gerade und vor allem viele AutorInnen eher wünschen würden.
Die digitalen Imprints »sind die Schnellboote in der Verlagsgruppe, die Printverlage eher schwerfälligere Frachter« (M. Joly). Als sie auf aktuelle Downloadzahlen, Vorgaben der Verlagsführung zu Margen und Umsatzzielen angesprochen wurde, hielt sich Marguerite Joly (verständlicherweise) bedeckt. »Ich habe freie Hand und Rückendeckung«, betonte sie mehrfach. Hat sie wirklich? Wie lange wird das Experiment als Experiment geduldet? Eine Antwort auf diese Frage blieb (vorerst) offen, aber sie ist essentiell, wenn digitalen Imprints (und nicht nur die von Ullstein) Zukunft haben wollen.
Mein kleines Fazit
Mich hat der Abend, trotz meiner gering ausgeprägten Affinität zum digitalen Buch, überrascht und länger zum nachdenken angeregt als ich zunächst geahnt habe. Ein nicht zu unterschätzender Bereich des Literaturbetriebs ist vom Rand meines Wahrnehmungsfeldes deutlich näher ans Zentrum gerückt. Unterhaltungsliteratur wie sie »Midnight« und »Forever« anbietet, wird nicht zwingend auf meiner primären Lektüreliste landen, aber sehr viele Menschen lieben diese Bücher, haben Vergnügen, sie zu lesen und kaufen sie. Und sehr viele Autorinnen und Autoren schreiben sie mit Leidenschaft und dem Wunsch, andere zu unterhalten. Wollen sich große Verlagshäuser nicht abhängen lassen, müssen sie handeln. Ich bin sicher, das Experiment mit den neuen, digitalen Imprints bei Ullstein verfolgen andere Verlagshäuser sehr genau und werden ihre Schlüsse ziehen.
lustauflesen.de wird #pubnpub und #bookupDE künftig regelmäßig wahrnehmen und besuchen; schließlich ist es nie verkehrt, den Horizont zu weiten, neue Kontakte zu knüpfen und bislang unbekanntes zu entdecken.
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